Unwirksame Produkt- und Preisänderungen der Banken und Sparkassen?

Am 27. April hat der Bundesgerichtshof ein Urteil (XI ZR 26/20) gesprochen, das vielen Kreditinstituten noch Kopfschmerzen bereiten wird.

Worum geht es?

Es ist übliche Praxis der Banken und Sparkassen zukünftige Änderungen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen spätestens zwei Monate vor dem Wirksamwerden anzukündigen. In solchen Ankündigungen lasen wir auch immer, das die Zustimmung des Kunden als erteilt gilt, wenn er seine Ablehnung nicht vor dem Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Änderungen mitgeteilt hat.

Gegen diese Praxis ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen vorgegangen und verklagte eine Bank.

Entscheidung des Bundesgerichtshof

Der Bundesgerichtshof hat die verklagte Bank in zweiter Instanz verurteilt.

Zusammengefasst wird das so begründet:

  • Die unterstellte Zustimmung des Kunden geht dem Bundesgerichtshof zu weit, da die verklagte Bank damit eine Handhabe erhält, das „Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung erheblich zu ihren Gunsten zu verschieben und damit die Position der Kunden zu entwerten“.
  • Dieses Vorgehen benachteilige uns Kunden unangemessen!
  • Der Bundesgerichtshof ist der Ansicht, dass „für so weitreichende Änderungen, die dem Abschluss eines neuen Vertrags gleichkommen können, ein Änderungsvertrag notwendig ist“.

Wie reagieren die Banken und Sparkassen?

In den vergangen Wochen und Monaten haben viele Banken und Sparkassen Produktänderungen und Preiserhöhungen auf die oben beschriebene Art und Weise durchgeboxt.

Sparkasse Siegen

In unserer Region ist es vor allem die Sparkasse Siegen, die mit den neuen S-VITA-Kontomodellen kräftige Preiserhöhungen durchsetzen will.

Die neuen „Mehrwert“-Konten werden als »Das Konto Ihres Lebens« angepriesen und mit Entgelten zwischen
9,90 € und 34,90 € pro Monat bepreist.

Mal schauen, ob und wie die Sparkasse Siegen auf das Urteil reagiert.

comdirect bank

Auch die comdirect bank wollte Ihre AGB und Entgelte zum 01.05.2021 ändern. Wie die Bank aber gestern mitteilte, soll zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs abgewartet werden.

[…]

Der Bundesgerichtshof hat sich in seiner Entscheidung vom 27. April 2021 mit dem Vertragsänderungsmechanismus in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Kreditinstituts befasst.

comdirect wird die schriftliche Urteilsbegründung abwarten und im Anschluss eine Bewertung vornehmen. Vor diesem Hintergrund werden wir die für den 01.05.2021 geplanten Umsetzungen des neuen Kontomodells zunächst aussetzen. Ihre Kontoverbindung wird bis auf Weiteres unter den Ihnen bekannten Bedingungen weitergeführt.

Die Entscheidungsgründe des Urteils werden nach der beim Bundesgerichtshof geübten Praxis regelmäßig erst einige Wochen nach der Verkündung des Urteils veröffentlicht.

Wir bitten Sie für die entstandenen Unannehmlichkeiten um Entschuldigung.

[…]